.Ölmühle Fandler. / Bio - kompromisslos ganzheitlich

Mag. Josef Spindler, ein Presskuchen und erstrebenswerte Visionen.

Wenn ein knapp 100-jähriges Traditionsunternehmen es schafft, sich stetig neu zu erfinden, dann muss es im schönen Pöllau bei Hartberg ein Erfolgsrezept geben. Die Bio-Ölmühle Fandler ist zurecht kein Geheimtipp mehr unter Öl-Liebhabern. Weiterhin in Familienbesitz von Julia Fandler, verstärkte sie das Geschäftsleitungs-Team um den langjährigen Pressmeister Peter Schloffer und einen erfahrenen Manager, Mag. Josef Spindler, der dem Heimatruf gerne folgte. Nach seiner Karriere in Industrie-Konzernen, dürfte er wohl seine Berufung in der Öl-Welt gefunden haben. Wie Wachstum für ihn und den 43-Frau/-Mann-Betrieb aussieht und was Ganzheitlichkeit für ihn bedeutet, lässt er mich wissen.

Erfolgsrezept Langfristigkeit

Der bewusste Entschluss gegen einen Belegschaftswachstum, spiegelt sich auch in den Entscheidungen im Betrieb wieder. Fandler setzte zum Beispiel bei Standort-Investitionen auf eine langfristige Nutzung der Betriebsstätte und setzt hier auf hochwertige Hölzer für die Gebäude. Betriebe aus der Region liefern Materialien, um eine lebenswerte Arbeitswelt für mehrere Generationen zu schaffen. Täglich wird von der hauseigenen Köchin ein Mittagsmenü mit den eigenen Produkten gezaubert. Der Speiseraum ist auf das bestehende Team ausgelegt. Nicht mehr und nicht weniger.

Auch in der Herstellung der Produkte zieht sich langfristiges Denken durch. Es wird in der Produktion auf die Stempelpress-Methode gesetzt und bewusst auf 20% weniger Fett-Ausbeute für die Premium-Qualität verzichtet. Nachdem es keine spezifische Ausbildung zum Ölpresser gibt, werden Quereinsteiger über mehrere Jahre angelernt und das Miteinander sehr bewusst gepflegt. Gemeinsame Interessen, Einstellungen und eine gemeinsame Aufgabe, die mit Sinn erfüllt ist, verbindet die “Ölis”. Weiterentwicklung ist in der Kultur, in der DNA verankert. Wenn sich also einmal ein Körnerl in der gut funktionierenden Mühle verändern will, wird man flexibel einen Platz finden.

Vorbei am Hanf-Busch in Richtung Sinn-Suche bei Fandler.

Wertschätzung und Ganzheitlichkeit

Langfristige Visionen, um schnelle Entscheidungen treffen zu können. Auch diese Führungseinstellung und die Konsequenz dahinter prägen die Unternehmenskultur. Im Gespräch bekommt Josef Spindler einen Anruf. Wegen der Verpackungsneugestaltung werden die alten Designs im Verkauf langsam zu Ende gehen. Die Mitarbeiterin schlug vor, einen Rabatt von 20% auf die Restbestände anzubieten. Der Vorschlag wurde lobend angenommen und soll gleich umgesetzt werden. Mit dem Nachsatz, dass er auch ab sofort für alle Mitarbeiter*innen gilt. Eine ganzheitliche Denkweise zieht sich durch und das Fandler-Team dankt es mit Loyalität. Am Ende meines Besuchs ist der Rabatt im Verkaufsraum bereits an Ort und Stelle.

Es wird sehr genau darauf geachtet, welche Materialien verwendet werden, welche Produkte von Partner*innen aus der Region im Verkaufsraum eine Bühne geboten und wie das Bestehende effizient genutzt werden kann. Bei der Energiegewinnung setzt man auf PV-Anlagen, Bio-Masse und die Betonkern-Erwärmung der Gebäude. Hier wird Kreislaufwirtschaft tatsächlich gelebt. Der trockenen Presskuchen (s. Bild 1), eigentlich ein Abfallprodukt, wird zu hochwertigen Mehlen weiterverarbeitet (Mandel-/Haselnuss-/Hanfmehl uvm.). Laut Lebensmittelstandards gibt es keinen Unterschied zu den allseits beliebten Proteinen, die als Lifestyle Produkte gerade von gesundheitsbewussten Menschen als Zusatz verwendet werden. Also ab ins Porridge damit! Hier wird aus Überzeugung gehandelt und nicht auf Trends reagiert.

Das Argument, dass Bio bei steigenden Preisen nicht leistbar für alle ist, sondern ein Luxus, lässt Hr. Spindler nicht gelten. Gerade mit ihren Premium-Produkten sei die Hürde des Wegschmeißens eine viel Höhere. Die Gleichung hohe Wertigkeit = weniger Abfall, ist für ihn ein Selbstverständnis. Weil man nicht heute die Welt retten will, sondern jährlich seinen Beitrag für ein Enkeltaugliches Österreich leistet. Diese nicht nach-haltige, sondern ganz-heitliche Grundeinstellung spiegelt sich in der hohen Identifikation der Mannschaft mit dem Unternehmen wieder. Man weiß, man ist Teil von etwas Gutem. Und das ist doch erstrebenswert.

Ein Mittagstisch, der alle willkommen heißt.

Mehr Haltung im Konsum und die Zukunfts-Frage

Klarheit im Werteverständnis: “Menschlich miteinander und trotzdem wirtschaftlich erfolgreich.” Wenn man sich nicht an die volkswirtschaftlichen Normen hält und das organisatorische Wachstum als Pflicht ansieht, ergeben sich neue Möglichkeiten. Auch der Markt bzw. der Fachhandel verändert sich. Lebensmittelkonzerne setzen aufgrund der steigenden Nachfrage bewusst auf Bio-Eigenmarken und das Sortiment wächst stetig. Für Fandler gilt es auch hier in neuen Vertriebskanälen zu denken. Gerade steirische Betriebe sind mit einer hohen Exportquote breit aufgestellt. Fandler gehört mit seiner vielfältigen Produktpalette auch zu den Exportschlagern im Premium-Segment. Wobei hier Vollauslastung in der Produktion nicht um jeden Preis betrieben wird. Eine Kosten-Nutzen-Rechnung für oder gegen Aufträge ist immer auf das Ziel von höchster Qualität ausgerichtet. Das braucht es auch, um mit dem klassischen Handel mithalten zu können. Als erstrebenswertesten Wachstum bleibt der steigende Einfluss auf Menschen, ihre Lebensstile und ein Umdenken in der Gesellschaft. Mit ihren Erzeugnissen schafft Fandler ein ganzheitliches Bewusstsein für den Erntezyklus bei den Mitarbeiter*innen, ihren Familien, ihrem Umfeld, in der Region und den Partnerbetrieben. Mit dem langfristigen Ziel, auch noch in 10 Jahren

  • weiterhin in der Qualität zu produzieren,

  • den Mitarbeiter*innen attraktive Aufgaben zu bieten und

  • ein menschliches Umfeld mit Flexibilität für jeden halten zu können.

Auch mit einem sich verändernden Konsumverhalten (Onlinehandel/Regionalitäts-Boom) immer im Blick, setzt das Team Fandler seine Mission, Lebens-Mittel ihren Stellenwert zurückzugeben, Schritt für Schritt fort.

Mehr zu dem Gegen-Trend “Langfristigkeit”/Achtsamkeit”, Greenwashing und Fandlers Hausaufgaben, sind im Interview anbei und im Podcast “Maria fragt einfach” auf Spotify zu finden.

ehrlich g’sprochen:

0-10 min: Wachstum, Inflation, Energieversorgung, Ressourcenknappheit.. Wo geht’s hin?
10-16 min: Beziehungen, Partnerschaften und was in der Landwirtschaft alles dazugehört.
16-36 min: Unternehmenswachstum, zu welchem Preis?
36-40 min: Werte als Anker und Hebel?
40-47 min: Wo sind die Fachkräfte?
47-54 min: Globaler Wachstum und seine Folgen.
54-105 min: Bio für alle?
105- 108 min: Eine Lanze für mehr Qualität im Konsum und unser Umgang mit Abfall.
108 - 113 min: Konzern-Leben adé - rein in einen mittelständischen Traditionsbetrieb.
113 - 116 min: Zukunftsfit für kommende Generationen.
117- 120 min: Greenwashing, Dividenden- Was rechnet sich langfristig?
120 min: Hausaufgaben von Fandler - ein Zukunftsbild.

 
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Lohnt sich Leistung im Jahr 2022 (noch)?/ ein Generationen-Konflikt

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